Pressemitteilungen vom 30.01.2023

„JEDER MENSCH BRAUCHT EIN ZUHAUSE“ – SCHRITTE GEGEN WOHNUNGSNOT

Diakonie Sachsen legt Positionspapier zum Stichtag der bundesweiten Erhebung am 31. Januar 2023 vor

„Wer in diesen Tagen an obdachlosen Menschen vorbeigeht, tut dies nicht selten mit dem Gedanken: Schrecklich, in dieser Kälte draußen zu sein, ohne Schutz und Hilfe. Dabei müsste doch eigentlich niemand ohne Obdach leben!? Diese Gedanken drücken aus, wie groß die Unkenntnis der strukturellen Ursachen von Wohnungslosigkeit ist.  Die Frage, warum Menschen ihre Wohnung verloren haben oder in der Gefahr sind, sie zu verlieren, fördert in der Tat sehr persönliche Schicksale zutage – aber kurz und knapp gesagt: Es sind politische und behördliche (Fehl-)Entscheidungen im Bereich des Wohnungsmarktes, des Arbeitsmarktes, sowie der Gesundheits- und Sozialpolitik, die im Zusammenspiel mit eingeschränkten individuellen Möglichkeiten zu Armut und letztlich zum Verlust der Wohnung führen!“

Dietrich Bauer, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Sachsen, wirbt daher für einen anderen, schärferen Blick. „Gerade jetzt,  mitten in der Inflations- und Energiekrise, spitzt sich das Thema  noch einmal deutlich zu. Bezahlbarer Wohnraum ist eine der wichtigsten sozialen Fragen dieser Zeit.  Mit fast 2700 Zwangsräumungen im vergangenen Jahr nimmt Sachsen bundesweit im Vergleich den dritten Platz ein. Immer mehr Menschen haben keinen eigenen Mietvertrag und kein eignes Zuhause. Mehr als 1600 Personen waren im vergangenen Winter in Notunterkünften untergebracht. Wer ganz draußen war, wurde gar nicht erfasst. Jede Zwangsräumung ist eine zu viel und sollte gerade jetzt unterbleiben“.  

Am morgigen 31. Januar ist der Stichtag, an dem zum zweiten Mal alle wohnungslosen Personen in Deutschland erfasst werden sollen. Dazu zählen wohnungslose Menschen, die in Not- und Gemeinschaftsunterkünften oder gegebenenfalls auch gewerblichen Unterkünften (Pensionen, Hotels, gewerbliche Gemeinschaftsunterkünfte etc.) untergebracht sind, ohne dass dadurch die Wohnungslosigkeit beendet wird. Dies betrifft auch Personen, die in (teil-)stationären Einrichtungen beziehungsweise im betreuten Wohnen der Wohnungslosenhilfe freier Träger untergebracht sind. Geflüchtete werden in der Statistik berücksichtigt, wenn sie über einen positiven Abschluss des Asylverfahrens verfügen und durch das Wohnungsnotfallhilfesystem untergebracht sind. Nicht in die Erhebung einbezogen sind unter anderem Personen, die bei Freunden, Familien oder Bekannten unterkommen, und Obdachlose, die ohne jede Unterkunft auf der Straße leben. Ebenfalls nicht in die Erhebung einbezogen werden Betroffene, die Beratungsangebote zum Thema Wohnungslosigkeit in Anspruch nehmen, aber am Stichtag nicht untergebracht sind, und Personen, die beispielsweise aufgrund einer angedrohten Zwangsräumung von Wohnungslosigkeit bedroht, aber (noch) nicht betroffen sind. 

Viele Familien und Alleinerziehende, die finanziell gerade so durch die Pandemie gekommen seien, kämen jetzt aber nicht mehr weiter. „Wir merken es an unserer großen Nachfrage nach Beratung. Wichtigstes Ziel unserer Arbeit ist die Prävention von Wohnungslosigkeit. So liegen die Beratungsschwerpunkte bei Mietrückständen, Kündigung, Räumungsklage, Zwangsräumung sowie Wohnungssuche. Es müssen aber jetzt die Weichen gestellt werden, damit es langfristig genügend bezahlbaren Wohnraum gibt!“

Angesichts der großen Wohnungsnot fordert die Diakonie Sachsen Kommunen, Land und Bund auf, endlich wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention von Wohnungslosigkeit auf den Weg zu bringen. Wie das gelingen kann, dazu hat die Diakonie Sachsen ein ausführliches Positionspapier erarbeitet. Es enthält Zahlen und Fakten, Forderungen und konkrete Vorschläge, wie das große, auch von der Bundesregierung formulierte Ziel, im Jahr 2030 Obdachlosigkeit überwunden zu haben, erreichbar ist.

„Wir wollen mit unserer Positionierung die Lebenslagen wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen in das Licht der gesellschaftlichen Wahrnehmung rücken und Ansätze für eine erfolgreiche Präventionsarbeit aufzeigen“, sagt Dr. Viola Vogel, Vorstand für Wirtschaft/Recht. Diakonie.  „Es war schon immer ein urdiakonisches Anliegen, Menschen am Rande der Gesellschaft nicht nur individuell in ihrer Notlage zu unterstützen, sondern sie sichtbar zu machen und für sie sozialanwaltschaftlich einzustehen“, so Vogel abschließend.

Sie finden die Positionierung „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“ – Schritte gegen Wohnungsnot“ hier.

Weitere Informationen: Rotraud Kießling, Tel.: 0351 8315-178, mail: rotraud.kiessling@diakonie-sachsen.de