BLÜTE - ZEIT ...

... ein diakonisches Wort zu Pfingsten von Tilmann Beyer

Eines vorweg: Ich bin kein Freund davon, scheinbar passende Entsprechungen oder mehr oder weniger gesuchte Bilder für das Göttliche zu bemühen. Sie greifen in der Regel zu kurz, stehen in der Gefahr unzulässig zu vereinfachen, tragen selten zum Verständnis der Tiefe, in der die Wahrheit ist, bei. Eher bin ich geneigt, es mit der theologischen Erkenntnis zu halten: Gott ist anders!

Pfingsten - das Fest der „Ausgießung des Heiligen Geistes“. Oft wird Pfingsten auch als „Geburtstag der Kirche“ bezeichnet, da der Heilige Geist der Überlieferung nach die Einheit der Glaubenden und in der Folge den Beginn des gemeindlichen Miteinanders bewirkte. „Pfingsten sind die Geschenke am geringsten, während Ostern, Geburtstag und Weihnachten was einbrachten.“ Dieser Satz, Bertolt Brecht zugeschrieben, augenzwinkernd mehr oder weniger ernst gemeint, zeigt: viele können mit Pfingsten nicht so recht etwas anfangen. Ich aber mag Pfingsten. Es ist nicht überladen mit Traditionen, Interpretationen oder Bräuchen. Es ist „sperrig“ und „frei“. Pfingsten erinnert auf mich seine ganz eigene Weise daran, dass Gott unverfügbar, unbegreiflich, anders und zugleich doch anwesend, gegenwärtig ist.

Die Pfingstgeschichte berichtet von der Gegenwart Gottes in den Herzen der Menschen (Apg 2,37). Dass die Herzen berührt werden, wirkt der Heilige Geist. Antwort auf die berührten und fragenden Herzen und praktische Konsequenz waren der Verkauf von Gütern und Besitz, das einmütige Beieinandersein im Tempel, das Brotbrechen in den Häusern, das Mahlzeiten Halten in Freude und mit lauterem Herzen (Apg 2,45f). Pfingsten gibt uns somit ein Beispiel, dass Vielfalt kein Hindernis für diakonisches Leben und Handeln ist und dass Segensreiches entstehen kann, wenn wir uns gemeinsam berühren lassen. Pfingsten weist darauf hin, dass sich die Gegenwart des Auferstandenen in den Begegnungen zwischen unterschiedlichen Menschen ereignen kann. Andere sind Gottes!

Es ist Blüte-Zeit. Bienen fliegen durch das Blütenmeer, Jahr um Jahr. Der Geist weht wo er will (Joh 3,8), Zeit um Zeit. Ich gebe mir, was meine Abneigung gegen den Gebrauch von Bildern und Vergleichen betrifft, einen Ruck. Dennoch möchte ich vorsichtig und im Konjunktiv bleiben: Möglicherweise brauchen wir für ein gutes, gemeinsames Leben, für ein gesundes, geistliches Wachstum und zum Hervorbringen reicher Glaubensfrüchte - denn auch daran wird man uns erkennen (Mt 7,16) - nicht nur gute Bodenbedingungen (Mk 4,8), sondern zur Blüte-Zeit immer auch eine Art „Bestäubung“ durch den Heiligen Geist. Gebe ihn Gott!

Herzliche Pfingstgrüße und eine gesegnete, Geist-reiche Zeit!


„Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen

und entzünde in ihnen das Feuer deiner göttlichen Liebe,

der du in Mannigfaltigkeit der Zungen

die Völker der ganzen Welt versammelt hast in Einigkeit des Glaubens.

Halleluja, Halleluja.“

(EG 156, nach dem lateinischen Messgesang „Veni Sancte Spiritus“, 11. Jh.)