Frühlingsgefühle in der Christenheit

Collage Christine Rösch

Ein diakonisches Wort zu Pfingsten von Christine Rösch

Was für ein verführerischer Frühling in diesem Jahr. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Von manchem haben wir mehr als sonst, mit anderem gehen wir sparsamer um. Die Pfingstrosen, der Rhododendron, die Wildkräuter - alles da wie immer und das besonders üppig. Manches haben wir vermisst, anderes erstaunlicherweise gar nicht. Auf einiges freuen wir uns - wie jedes Jahr im Frühling. Und wir nehmen manches Bekannte mit erstaunlicher Aufmerksamkeit neu wahr. Z.B. sah ich am Himmelfahrtstag den ersten Kondensstreifen seit vielen Wochen wieder am sonst ungeteilten Himmel.

Pfingsten verbinde ich nicht nur mit dem Geburtstag der Kirche, sondern auch mit dem Frühling der Christenheit. Da tut sich was am Himmel…und auch auf der Erde im Frühjahr 2020.

In der Bibel erzählt Lukas, wie nach dem Tode Jesu die Jünger zu Aposteln werden. Sie empfangen den heiligen Geist und damit eine neue Lebensperspektive. Als Botschafter des Auferstandenen machen sie sich auf, in die Länder rund ums Mittelmeer vom Nahen Osten über Nordafrika, Kleinasien und Griechenland bis nach Rom. Überall entstehen Gemeinden, ein wahrer Frühlingsmarsch des Glaubens.
Und von der Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Jünger Jesu wird berichtet, an diesem ersten Pfingsttag in Jerusalem - ein einmaliges Erlebnis. Oder doch nicht einmalig? Alle Jahre wieder wird es Pfingsten. „Pfingsten“ ist übrigens ein Lehnwort aus dem Griechischen und bedeutet „fünfzig“: 50 Tage nach Ostern.

Und auch der diesjährige Frühling bringt wieder einen Aufbruch mit sich. Sogar in der Kirche. Es ist und bleibt nämlich der Geist Gottes, der Menschen mit genialen Inspirationen beschenkt, ihre Zuversicht stabilisiert und mit fast unglaublicher Weisheit nach vorn blicken lässt.

“ Am Ende der Zeit, so sagt Gott, werde ich meinen Geist über alle Menschen ausgießen. Dann werden eure Söhne und eure Töchter prophetisch reden; die Jüngeren unter euch werden Visionen haben und die Älteren prophetische Träume.“ (Apostelgeschichte 2, 17 NGÜ).

Ich habe erlebt, wie Menschen in den letzten Wochen endlich wieder mal „Feuer und Flamme waren“ für neue Verkündigungsformen. Da hat sich Pfingsten schon angekündigt. Mit Covid 19 kam ein Großteil des traditionellen kirchlichen Lebens zum Erliegen. Und in „Windeseile“ (der Heilige Geist wird mit Feuer, Wind und Taube symbolisiert) kamen wunderbare Ideen zustande. Tolle Osterandachten landeten in Hausbriefkästen, „wie geht es Ihnen-Telefonate“, sogar Abendmahls-Hostien wurden per Post verschickt. Die Angebote im Netz sind vielfältig wie nie geworden: Online-Andachten und –Gottesdienste, musikalische Vespern und tröstende religiöse Bilder wurden gepostet. Wie lange musste vorher geredet werden, dass Gemeinden mehr in die Öffentlichkeit gehen könnten. Plötzlich geht‘s. Da tut sich was am Kirchenhimmel, beinahe wie unerwartete Kondensstreifen. Videokameras werden in die Hand genommen, Fernsehen und Radio selbst gemacht, möglichst mit verschiedenen Akteuren. Man will Jung und Alt sehen, Profis und Anfänger zu Wort und Ton kommen lassen. Man zeigt seine Kirchenfenster oder den Pfarrgarten im Netz. Holt die Leute wenigstens medial rein.

Und es geht auch um ein Wiedererkennen für die Menschen aus der Region. Fast wie ein „Hallo“, ein Zuwinken - auch für diejenigen, die sonst sonntags nicht kommen.

„Wie schön, dass Sie dabei sind!“, hört völlig vorwurfsfrei mancher Nutzer. Und das plötzlich in „seiner Sprache“. „Das ist am Bildschirm jetzt viel verständlicher als sonst!“, wurde berichtet. Pfingsten ist eben auch: Zugang für alle zum Evangelium. Und endlich wieder „Feuer und Flamme sein“, wie frisch verliebt sein in das, was sich aus dem Himmel tut. Hoffentlich bleibt es noch eine Weile pfingstlich.

In diesem Sinne lassen Sie sich ruhig frühlingsfrisch verführen vom Geist Gottes!

Eine gesegnete Pfingstzeit wünscht Ihnen Christine Rösch