30.11.2022

Kompromiss zum Bürgergeld verhindert trotz wichtiger Verbesserungen Armut nicht

Kompromiss zum Bürgergeld verhindert trotz wichtiger Verbesserungen Armut nicht

„Der jetzt beim Bürgergeld gefundene Kompromiss ist im Vergleich zum ursprünglichen Gesetzesentwurf leider ein Rückschritt. Viele positive Aspekte sind aufgrund des Zwangs zur Einigung mit der Union weggefallen und der versprochene Systemwechsel weg von Kontrolle hin zu einer echten Armutsbekämpfung ist wieder außer Sichtweite.“ Zur Begründung dieser Einschätzung verweist Marko Hietzke, zuständiger Referent für Arbeitsförderung und Erwerbslosenarbeit bei der Diakonie Sachsen, zum einen auf die neu festgesetzten Regelleistungen, deren Höhe noch nicht einmal die Inflationsrate kompensiert. Mit diesen Regelleistungen ist nach Einschätzung der Diakonie ein Leben in Würde und in gesellschaftlicher Teilhabe nicht ausreichend sicherzustellen. Dass auch die Sanktionen weitergehen und die ursprünglich geplante Vertrauenszeit gestrichen wurde, spiegelt das grundsätzliche Misstrauen gegenüber Menschen in Armut wider. Überdies haben die Sanktionen aus Diakoniesicht in der Öffentlichkeit einen viel zu großen Stellenwert eingenommen. Auch die dabei gewählte Sprache habe Menschen diskriminiert, die ohnehin auf der Schattenseite des Lebens stünden.
Als wichtigste positive Reformschritte sieht die Diakonie die Abschaffung des Vermittlungsvorrangs und die Förderung von Aus- und Weiterbildung. „Das ist ein echter Fortschritt, der Menschen Mut machen kann, weil sich hier tatsächlich die Arbeitsmarktchancen erhöhen und Türen wieder öffnen, die bisher geschlossen waren“, ist Hietzke überzeugt. Auch das einjährige Wohnungsmoratorium sei sehr zu begrüßen. Die Absenkung des Schonvermögens, welches von 60.000 Euro auf 40.000 Euro für den Haushaltsvorstand und von 30.000 Euro auf 15.000 Euro für jede weitere Person im Haushalt gesenkt wurde, betrifft dagegen keine „normalen“ Hartz-IV-Empfänger. Nach den Erfahrungen der Diakonie haben diese Menschen in der Regel überhaupt keine Rücklagen. Das betrifft bestenfalls Menschen, die sich eine bürgerliche Existenz aufgebaut haben und dann durch Krankheit, Auftragseinbußen usw. in eine existenzielle Notlage geraten. Insofern ging dieser Streit ziemlich an der Wirklichkeit vorbei.