30.07.2021
Isolation beenden - Zukunft schaffen
Isolation beenden - für eine zukunftsorientierte Erstaufnahme geflüchteter Menschen!
Die Diakonie Sachsen unterstützt den Aufruf der Diakonie Deutschland und vieler weiterer Organisationen, AnkER-Zentren und konzeptionell ähnliche Einrichtungen bundesweit abzuschaffen. „ANKunft – Entscheidung – Rückführung“ – drei Jahre nach ihrer Einführung ist die Bilanz dieser Zentren ernüchternd. Das Ziel der ANKER-Zentren, Asylverfahren wesentlich zu beschleunigen, wurde nicht erreicht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge selbst sagt, dass die Verfahren in einem AnkER-Zentrum durchschnittlich 77 Tage statt 82 Tage in anderen Einrichtungen dauern. Dieser geringe Zeitgewinn hat jedoch aus Sicht der Diakonie einen zu hohen Preis.
„Viele Menschen, die in diesen Einrichtungen ankommen, haben grausame Erfahrungen vor und auf der Flucht hinter sich. Die Traumata und seelischen Wunden müssen heilen. Die Menschen wollen eine Chance auf einen Neuanfang und haben das Recht auf ein transparentes und faires Asylverfahren. Dazu gehört auch eine behördenunabhängige Beratung und Unterstützung, die es dort aber nicht gibt. AnKER-Zentren sind gleichzeitig Rückkehr- und manchmal sogar Abschiebezentren. Schon von daher ist es schwierig, traumatisierte Menschen in einer solchen Einrichtung unterzubringen. Wir halten das Konzept der AnkER-Zentren für falsch, weil sie das Ankommen der geflüchteten Menschen unnötig erschwert, den Gewaltschutz für besonders verletztliche Personen nicht sicherstellt und Kindern ein regulärer Besuch von Schulen oder Kindertagesstätten oftmals nicht möglich ist", sagt Dietrich Bauer, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Sachsen.
Großeinrichtungen am Rande einer Kommune oder Gemeinde, in denen die neu angekommenen Menschen oft bis zu 24 Monate und sogar länger leben, führen zu Isolation und enormen Belastungen. Mangelnde Privatsphäre, die räumliche Enge, das Arbeitsverbot und eine fehlende digitale Anbindung führen zu Resignation. Nicht aufgearbeitete Traumata können zu weiteren Verletzungen und Aggressionen führen - gegen sich und manchmal auch gegen andere. Gerade für die Entwicklung von Kindern und Jugendliche ist diese Situation fatal. Zudem erleben sie ihre Eltern oft ohnmächtig und hilflos.
"Statt solcher Einrichtungen braucht es eine dezentrale Unterbringung und eine gut organisierte und schnelle Eingliederung der Menschen in allen Lebensbereichen wie Wohnen, Kita, Schule, Ausbildung und Arbeit - auch dann, wenn sie irgendwann wieder zurückkehren (müssen)“, ist Bauer überzeugt.
Die Organisationen fordern in ihrem Appell eine gesetzliche Begrenzung auf maximal 3 Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung, die das Ankommen der Menschen in den Mittelpunkt stellt und sie bestmöglich auf das Asylverfahren und den Aufenthalt in Deutschland vorbereiten: “Wir stehen für die Rechte von geflüchteten Menschen, für ihren Schutz und ihre schnelle und umfassende Teilhabe an der Gesellschaft. Eine Unterbringungsform, die die Menschenwürde verletzt, zur Isolation führt und vor allen Dingen auf Abschiebung orientiert ist, ist ein Irrweg und schadet uns allen. Gemeinsam können wir eine gute Erstaufnahme umsetzen! Der neue Bundestag muss hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen und förderliche Rahmenbedingungen schaffen.“ Der gesamte Appell ist abrufbar unter:
https://www.proasyl.de/news/anker-zentren-drei-jahre-isolation-und-ausgrenzung-von-asylsuchenden/
bzw. hier:
https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/Aufruf-mit-Unterzeichnenden.pdf