12.05.2020
Eingesparte Essensgelder sofort weitergeben
Armutsbetroffene Kinder und ihre Familien leiden unter der Corona Krise am stärksten
„Seit fast 9 Wochen müssen die meisten Familien, die von Hartz-IV leben, auffangen, was in der Krise wegfällt: Das kostenlose Mittagessen für ihre Kinder in Kita und Hort. Das Essen ist aber ein wesentlicher Bestandteil des Bildungs- und Teilhabepakets, das sich der Staat jetzt spart – auf Kosten der Kleinsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft: armutsbetroffene Kinder. Die Eltern können die Mehrkosten für eine ausgewogene Ernährung ihrer Kinder aus dem ohnehin schon viel zu niedrigen Regelsatz nicht aufbringen und Erspartes haben sie nicht. Die Folgen: An anderer Stelle muss noch mehr gespart werden und schlechte Ernährung – und das hier und heute! Das kann nicht länger hingenommen werden. Wir fordern, den Eltern sofort einen Zuschuss zu überweisen in Höhe der monatlich eingesparten Gelder. Das sind pro Kind etwa 80 Euro!“
Diakonie-Chef Dietrich Bauer ist der Überzeugung, dass es hier nicht um Wohltätigkeit geht, sondern um sozialstaatliche Verantwortung: „Kinder aus einkommensarmen Familien sind in den vergangenen Wochen am stärksten in den Nachteil geraten, weil ihr Anspruch auf die zusätzlichen Leistungen zur Bildung und Teilhabe in puncto Mittagessen einfach ersatzlos weggefallen ist. Das ist aber keine Schönwetter-Leistung, sondern wesentlicher Bestandteil ihrer materiellen Existenzsicherung!“
Wenn der Deutsche Bundestag sich derzeit mit dem Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ( Sozialschutzpaket II) befasst, müssten darin auch einfache und sofortige Möglichkeiten der Unterstützung für arme Kinder und deren Familien geregelt werden.
„Wir gehen davon aus, dass eine ausgewogene Mahlzeit in der Schule oder Kita mindestens 4 Euro kostet. Insofern gehen den Familien jeden Monat mindestens 80 Euro Anspruch verloren. Das ist viel Geld!“, sagt Christoph Schellenberger, zuständiger Referent bei der Diakonie Sachsen. Ebenfalls bestehe ein Problem bei den Vorrausetzungen für die Ermöglichung von Lernzeit bei den Schülerinnen und Schülern. Die Ausstattung mit EDV und Internetzugang werde inzwischen einfach vorausgesetzt, sei aber mit einem jährlichen Zuschuss von 150 Euro im Bildungspaket nicht annähernd leistbar.
Die Diakonie Sachsen fordert die sächsischen Abgeordneten im Deutschen Bundestag und den sächsischen Ministerpräsidenten im Deutschen Bundesrat dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass hier sobald als möglich ein Ausgleich geschaffen wird. Auch wenn ein Ende der kita- und schulfreien Zeit jetzt abzusehen ist, bleiben angesichts steigender Lebensmittelpreise insbesondere bei frischem Obst und Gemüse die derzeit geltenden Regelsatzleistungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen weit unter dem Erforderlichen.
Die Diakonie Deutschland wird dazu morgen im Ausschuss des Dt. Bundestages folgenden Formulierungsvorschlag unterbreiten:
Artikel 12 § 68 SGB II-E wird wie folgt formuliert:
„Vom 1. März bis 31. August 2020 wird für Leistungsberechtigte ein krisenbedingter Zuschlag für besondere Probleme bei der Finanzierung des laufenden Lebensbedarfes aufgrund von Schwierigkeiten, bei eingeschränkten Einkaufsmöglichkeiten günstig zu wirtschaften, des Wegfalls von Hilfeangeboten sowie nur noch begrenzten Zuverdienstmöglichkeiten anerkannt. Dieser Mehrbedarf wird bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für eine Finanzierung der Mittagsverpflegung ergänzend bis zu einer Gesamthöhe von 100 Euro bei Alleinstehenden, 90 Euro pro Erwachsenen bei mehreren Erwachsenen in der Bedarfsgemeinschaft und 80 Euro pro Kind festgelegt. Bei Schulkindern werden darüber hinaus die tatsächlichen Kosten einer angemessenen und in dieser Form von der Schule beschriebenen EDV-Ausstattung übernommen, deren Gesamtkosten in der Regel nicht 400 Euro überschreiten soll.“