18.04.2019
Molekulargenetische Bluttests spitzen ethische Fragen zu
Angesichts der Debatte über Bluttests für Schwangere auf Trisomie 21 und die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen plädiert die Diakonie Sachsen für einen deutlicheren gesellschaftlichen Diskurs zu ethischen Fragen über den Wert des Lebens.
„Die Debatte über die ethische Diskussion hat zwar den Bundestag erreicht, versinkt aber zu schnell wieder im medialen Alltag. Doch dafür ist das Thema zu wichtig. Pränataldiagnostik und ihre Konsequenzen sind nicht nur eine Sache der Eltern und Beratungsstellen oder des Geldes, sondern eine Angelegenheit der ganzen Gesellschaft. Hier werden ethische Fragen über den Wert des Lebens noch einmal zugespitzt“, sagt Diakonie-Chef Dietrich Bauer.
„Welche Frau kann einen als Regelleistung voll finanzierten Test einfach ablehnen, der ihr Kind ohne Risiko auf das Down-Syndrom untersucht? Wenn Eltern immer mehr dem Druck auf vorgeburtliche Diagnostik ausgesetzt werden, nimmt die gesellschaftliche Akzeptanz ihres „Rechts auf Nichtwissen“ weiter ab und sie werden Konflikten ausgesetzt, die sie so nicht wollten. Der Konflikt, selbst entscheiden zu müssen, ob das Kind - so wie es ist - leben darf oder nicht, wird erst durch diesen Test, der rein eugenischen Charakter hat, ausgelöst. Mit dieser Entscheidung muss ein Leben lang gelebt werden. Sich dennoch für ein Kind mit Trisomie 21 zu entscheiden, wird betroffenen Müttern dann zukünftig noch schwerer fallen. Zugleich ist der Test für Menschen mit Down-Syndrom und deren Familien eine erhebliche emotionale Belastung und kränkt ihre Würde und Daseinsberechtigung.“
Aber auch für die Gesellschaft hätten die kassenfinanzierten pränatalen Verfahren erhebliche „Nebenwirkungen“: „Der Druck, immer ausgefeiltere pränatale diagnostische Methoden in Anspruch zu nehmen, erzeugt ein gesellschaftliches Klima, das Behinderung als „vermeidbar“ qualifiziert. Die angestrebte und aus unserer Sicht selbstverständliche Akzeptanz und Teilhabe von Menschen mit Behinderung wird damit noch schwerer durchzusetzen sein. Da helfen dann auch anspruchsvolle Texte wie die UN-Behindertenkonvention nicht weiter. Dass die meisten Behinderungen entweder während der Geburt oder später im Leben entstehen, ja, dass beinahe jeder im Laufe seines Lebens aufgrund von Krankheit oder Alter ein Mensch mit Behinderung werden wird, wird dabei komplett ausgeblendet.“
In der Debatte fehle eine klare Botschaft: „Die gelebte Entscheidung, auch ein behindertes Kind auf die Welt zu bringen und willkommen zu heißen, darf in keinem Fall hinterfragt werden, sondern verdient Respekt und die volle Unterstützung der Gesellschaft!“, so Bauer abschließend.